Informationen für Krankenhäuser und Betroffene im Verdachtsfall

Einbindung von Pilzsachverständigen (PSV, DGfM)

  • Wann? Bei jedem klinisch relevanten Verdacht, unklaren Arten oder juristischer Relevanz.
    1. Giftinformationszentrale kontaktieren (siehe Liste unten).
      Die GIZ koordiniert die PSV-Zuschaltung (regionale Verfügbarkeit, etc.).
    2. Alternativ kann das Krankenhaus direkt einen DGfM-Pilzsachverständigen anfordern.
  • Was kann der PSV liefern?
    • Artbestimmung (makro-/mikroskopisch, je nach Ausstattung und verfügbarem Pilzmaterial).
    • Ökologie-Kontext (Habitat, Saison, Verwechslungsarten), Gefährdungseinschätzung.
    • Dokumentations-/Beweisfotos für Patientenakte / Rechtsgutachten.
  • Wichtig: Die Behandlung und therapeutische Verantwortung bleibt beim ärztlichen Team. Der Sachverständige liefert Fund- und Artbezug woraus ein potentielles Vergiftungssyndrom abgeleitet werden kann, um bei unklarer oder unbekannter Diagnose eine zielgerichteten Behandlung zu unterstützen.

Giftinformationszentralen in Deutschland (24/7)

Bei Symptomen oder Verdacht stets umgehend eine GIZ kontaktieren. Diese koordiniert die toxikologische Therapie und kann einen Pilzsachverständigen anfordern.

  • Giftnotruf der Charité BerlinTel.: 030-19240
  • Giftinformationszentrum BonnTel.: 0228-19240
  • Giftinformationszentrum ErfurtTel.: 0361-730730
  • Giftinformationszentrum-Nord GöttingenTel.: 0551-19240
  • Giftinformationszentrum MainzTel.: 06131-19240
  • Vergiftungs-Informations-Zentrale FreiburgTel.: 0761-19240
  • Giftnotruf MünchenTel.: 089-19240

GIZ-Anamnese-Checkliste (Telefonleitfaden):

A. Patientendaten & Kontakt

  1. Name, Alter, Gewicht, Telefonnummer für Rückruf
  2. Falls zutreffend: Schwangere/Stillende, Kinder/hohes Alter, relevante Vorerkrankungen (Leber, Niere, Herz, Epilepsie)
  3. Regelmedikation (v. a. Antikoagulanzien, Psychopharmaka), Allergien

B. Exposition (Essen/Sammeln)

  1. Datum/Uhrzeit: Verzehr, Latenz bis Symptombeginn
  2. Menge & Zubereitung: roh, angebraten, durchgegart, getrocknet? Brüh-/Einweichwasser mit verzehrt?
  3. Begleitstoffe: Alkohol (Zeitabstand), andere Nahrungsmittel / Medikamente?
  4. Quelle: Wild gesammelt / Markt / Restaurant / Fertigprodukt?
  5. Wer hat noch mit gegessen: Anzahl, gleiche Symptome?
  6. Vorverzehr am Vortag/mehrtägige Mahlzeiten großer Mengen (z. B. bei Grünling, Morcheln)?

C. Fundangaben (falls Wildpilze)

  1. Habitat/Substrat: an Holz / Boden / Wiese / Moor / Zapfen / Rindenmulch?
  2. Baumbezug: Laub/Nadel, Baumart (Fichte, Buche, Birke, Kiefer …)
  3. Standort (PLZ/Ort, Biotop), Sammelzeit (Monat/Tag)
  4. Fotos vorhanden? (Frischpilz, Querschnitt, Stielbasis, Sporen)
  5. Verwechslungsverdacht? (z. B. Stockschwämmchen vs. Gifthäubling)

D. Symptome (mit Uhrzeiten)

  1. Gastrointestinal: Übelkeit, Erbrechen, Diarrhö, Beginn-Uhrzeit
  2. Neurologisch/ZNS: ☐ Schwindel, ☐ Ataxie, ☐ Halluzinationen/Delir, ☐ Krämpfe, ☐ Somnolenz
  3. Cholinerg (Muskarin): ☐ Miosis, ☐ starker Speichel-/Tränenfluss, ☐ Schwitzen, ☐ Bronchialsekret, ☐ Bradykardie
  4. Kreislauf: ☐ Hypotonie/Hypertension, ☐ Tachy-/Bradykardie
  5. Renal/Urinal: ☐ Polydipsie/Polyurie, ☐ Oligurie/Anurie, ☐ Urinfarbe (braun/violett)
  6. Muskulär: ☐ starke Muskelschmerzen (Oberschenkel), ☐ Schwäche
  7. Haut/Allergisch: ☐ Flush, ☐ Exanthem, ☐ Juckreiz

E. Proben & Beweise (sehr wichtig)

  1. Pilzreste bzw. Putzreste (im Biomülleimer!) / Speisereste / Erbrochenes vorhanden? Wie gelagert? (kühl, getrennt)
  2. Sammelgut getrennt in Papiertüten/Schachteln (keine Plastiktüten)
  3. Fotos/Belege (Restaurant, Markt, Einkauf)
  4. PSV bereits kontaktiert? Wer/Erreichbarkeit?

F. Befunde (durch Klinik – falls schon erhoben)

  1. Vitalparameter, GCS/Neurologie
  2. Labor (Zeitpunkt): AST/ALT, Bilirubin, INR/Quick, Krea/Harnstoff, Elektrolyte, CK, Myoglobin (Urin), BZ, BB
  3. EKG/Monitoring, Sonographie (Leber/Niere)
  4. Sporen-/Toxinanalytik angefragt? (welches Labor, wann)
  5. F. Bereits ergriffene Maßnahmen:
    – Aktivkohle (Dosis, Uhrzeit), Antiemetika, Infusionen/Volumen
    – Antidot/gezielte Therapie (z. B. Silibinin, Atropin, Pyridoxin)
    – Stationäre Aufnahme/ICU-Monitoring

G. Organisatorisches

  1. Rückrufnummer der behandelnden Ärztin/des Arztes
  2. Krankenhaus/Abteilung/Behandlungsraum
  3. Gewünschte Unterstützung:
    – toxikologische Therapieempfehlung,
    – PSV-Zuschaltung,
    – Probenweg/Analytik
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